Artikel im „Wall Street Journal“ bestätigt eine langjährige Verschwörungstheorie um UFOs
New York (USA) – Als wäre das UFO-Phänomen selbst nicht schon komplex, undurchsichtig und rätselhaft genug, so ranken sich bereits seit Jahrzehnten auch zahlreiche Theorien darum, dass das US-Militär selbst das öffentliche Interesse an unidentifizierten Flugobjekten nutzte, um mit gezielt gestreuten Falschinformationen und gefälschten Dokumenten von eigenen geheimen Waffenprogrammen abzulenken oder aber auch UFO-Enthusiasten zu diskreditieren. Ein Artikel im „Wall Street Journal“ (WSJ) stützt nun diese Theorie.

Quelle: www.wsj.com
Wie der WSJ-Artikel erläutert, berufen sich die beiden Autoren auf Interviews mit rund zwei Dutzend Insidern und tausende interne Dokumente. Hintergrund dürfte ein – bislang jedoch noch unveröffentlichter – zweiter Teil eines Historischen Bericht der US-UFO-Untersuchungsbehörde AARO (…GreWi berichtete)sein, in dem genau diese Praktiken zusammengefasst wurden.
Federführender Autor dieses Berichts war der erste AARO-Direktor Dr. Sean Kirkpatrick, der von jeher erklärt hatte, seine Recherchen unter Zugriff auf teilweise geheime Regierungsinformationen hätten keine Hinweise auf einen exotischen oder außerirdischen Ursprung von UFOs gefunden. Stattdessen seien falsch verstandene natürliche und technologische Phänomene und Entwicklungen, aber auch Schwindel und gezielte Desinformation die Quelle des UFO-Mythos.
Allerdings hatte schon der erste Teil des historischen Berichts des AARO nicht nur unter UFO-Interessierten für heftige Kritik gesorgt. In einer ausführlichen Analyse des ersten Teils des “Report on the Historical Record of U.S. Government Involvement with Unidentified Anomalous Phenomena (UAP) Volume I” bezeichnet Robert M. Powel von der „Scientific Coalition für UAP Studies“ (SCU) diesen als Fehlerhaft, unverbindlich, ahnungslos und hinterhältig“.
– Lesen Sie hier vorab Powels umfassende Kritik in einer deutschsprachigen Übersetzung
Der aktuelle WSJ-Artikel nimmt „Volume II“ dieses Historischen Reports vorweg, mit dessen Veröffentlichung durch das AARO vermutlich schon in den kommenden Tagen zu rechnen ist.
Als Beispiele für die von US-Armee und Geheimdiensten gezielt verbreiteten Desinformationen mit Bezug zu UFO und angeblichen Geheimprojekten nennt der Artikel die Übergabe manipulierte Fotos angeblicher UFOs an den Besitzer einer Bar in der Nähe des streng geheimen legendären Testgeländes „Area 51“ durch einen Air-Force-Oberst in den 1980er Jahren. Demnach sollte die Aktion neugierige Anwohner von wahren Tests mit F-117-Tarnkappenjägern ablenken.

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Laut dem Wall Street Journal nutzten US-Militärs und Geheimdienste schon seit den 1950er-Jahren bewusst UFO-Mythen als Nebelkerzen zum Schutz von Nuklearanlagen und Geheimoperationen auch und gerade gegenüber Sowjetunion.
Laut dem WSJ-Artikel stieß Kirkparick bei seiner historischen Spurensuche zudem auf eine bizarre Praxis innerhalb der US-Luftwaffe: „Jahrzehntelang erhielten neue Kommandeure in geheimen Programmen bei ihrer Einführung gefälschtes Material — inklusive Fotos angeblicher UFOs und der Behauptung, sie würden nun an einem Projekt zur Rückentwicklung außerirdischer Technologie namens „Yankee Blue“ mitarbeiten.“
Demnach glaubten manche Offiziere „ihr Leben lang an die Echtheit dieser Dokumente“. Erst 2023 habe er (Kirkpatrick) diese Praxis offiziell untersagt und vermutet von „Hunderten“ Beteiligten, die teils unter Geheimhaltungspflichten standen und die Geschichten weitertrugen.
Kirkpatrick vermutet denn auch, dass dieser systemische Ursprung einen Großteil der heutigen Überzeugung innerhalb und außerhalb des Militärs erklären, wonach es tatsächlich ein geheimes Alien-Programm gegeben habe und weiterhin gibt.
Als weiteres Beispiel für diese Täuschungspraktik nennt der Artikel den legendären Zwischenfall auf der Atomraketenebasis Malmstrom in Montana 1967: Zehn Nuklearraketen fielen aus, während ein angebliches UFO über dem Gelände schwebte. Der diensthabende Offizier Robert Salas wurde damals zum Schweigen verpflichtet, ging mit seinem Erlebnis in den 1990er Jahren jedoch an die Öffentlichkeit und ist bis heute davon überzeugt, dass ein UFO die Raketen lahmgelegt habe. Der Vorfall und Salas‘ Bericht gehört tatsächlich zu den bekanntesten UFO-Erzählungen aus dem US-Raum.
Die AARO-Untersuchung liefern nun jedoch angeblich Belege für eine irdische Erklärung: Um elektromagnetische Impulswaffen zu testen, nutzte die Air Force demnach ein Gerät, das über den Anlagen angebracht wurde, grell leuchtete und EM-Pulse aussandte, die die Systeme deaktivierten (Anm: hierzu liefert der WSJ-Artikel technische Zeichnungen und Dokumente, nenn aber nicht deren exakte Quellen und Kontext). Der wahre Zweck dieser Tests wurde vor den eigenen Soldaten geheim gehalten, um keine Hinweise an die Sowjets zu geben. Das Ergebnis: „Jahrzehntelang verbreiteten selbst direkt beteiligte Militärangehörige in bester Absicht falsche Geschichten über UFOs“, so die aktuelle Schlussfolgerung. Wie es jedoch sein kann, dass ein auf derselben Basis stationierter und für die Überwachung von mindestens 10 Nuklearsprengköpfen verantwortlicher Offizier von der vergleichsweise auffälligen Apparatur über der Einrichtung und ihrer Fähigkeit zum Erzeugen derartiger Entladungen keine Ahnung gehabt haben soll, erklärt zumindest der aktuelle WSJ-Artikel bislang nicht. Auch sonst sind überprüfbare Quellenangaben und Belege nicht vorhanden.
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Auch die für UFO-Anfragen verantwortliche Pentagon-Sprecherin Susan Gough bestätigte zumindest, dass mit der Veröffentlichung des zweiten Teils des Historischen Berichts schon bald zu rechnen sei. Es bleibt zu hoffen, dass dieser Bericht den Ansprüchen an sich selbst und der wissenschaftlichen Gründlichkeit mehr gerecht werden wird, als der erste Teil und der aktuelle Artikel des Wall Street Journal.
GreWi meint…
Wie bereits erwähnt: Geschichten und Verschwörungstheorien der umgekerhten Art rund um ein derartiges Vorgehen von Seiten der US-Militärs und Geheimdienste sind bei weiten nicht neu. Tatsächlich sind einige andere Beispiele nicht nur hinlänglich bekannt, sondern auch mittlerweile gut belegt.Als ebenso populäres wie tragisches Beispiel wäre die „Affäre Bennewitz“ zu nennen, innerhalb derer der US-Elektroingenieur und UFO-Enthusiast Paul Bennewitz von US-Geheimdienstlern gezielt mit gefälschtem „Beweismaterial“ versorgt wurde. Ziel war es, Bennewitz, der sich die Beobachtung von US-Militärbasen zum Ziel gemacht hatte, in die Irre zu führen und von den tatsächlichen militärischen Vorgängen abzulenken. Die Geheimdienste trieben ihr Spiel damals so weit, dass Bennewitz zusehends Wahnvorstellungen entwickelte, die schlussendlich zu seinem psychischen Zusammenbruch und der Einweisung in eine psychiatrische Klinik durch seine Familie führten. Nach seiner Entlassung zog er sich weitgehend aus der UFO-Szene zurück, lebte zurückgezogen und verstarb 2003.
Dass die Bennewitz-Affäre nicht das einzige Beispiel dieser Art sein dürfte, ist anzunehmen. Vermutlich können also ähnliche Szenarien tatsächlich noch das ein oder andere UFO-Rätsel lösen.
Schwindel und Desinformation mögen durchaus persönliche Überzeugungen erklären können, nicht aber gut belegte UFO-Vorfälle, in denen nicht nur Piloten, sondern auch multiple Sensorik Flugobjekte dokumentieren, deren aerodynanische Eigenschaften und Fähigkeiten der besten Piloten und Maschinen spielerisch in den Schatten stellen.
Einmal mehr zeigt sich, dass saubere und offene, wissenschaftlich erbrachte Daten wertvoller sind, als subjektive Wahrnehmungen.
Sollten sich die Aussagen des WSJ-Artikels bestätigen (und in einigen Fällen wäre das durchaus möglich), so zeichnen diese aber nicht nur ein Bild derer, die von diesen Machenschaften hinters Licht geführt wurden, sondern vielmehr auch ein umso zweifelhafteres Bild jener Strukturen und Machenschaften, die dafür verantwortlich waren und sind.
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Recherchequelle: Wall Street Journal
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